März 12, 2021

Das ist Beitrag 23/100 der #100DaysToOffload-Challenge. Mein Ziel ist, hier mindestens 100 Beiträge im Jahr 2021 zu schreiben. So möchte ich für mich das Bloggen zur Gewohnheit machen.

Das HH lässt mich auch eine Woche später nicht los – deshalb nutze ich den heutigen Beitrag, um niederzuschreiben, an welchen Sessions ich teilgegeben habe und welche Gedanken ich daraus weiterdenken möchte.

Alle von mir erlebten Sessions waren wirklich gut und ziemlich genau so, wie ich mir Sessions auf Barcamps vorstelle: Ein kleiner Impuls zum Einstieg, übergeleitet in gute Diskussionen. Vielen Dank an alle Session-Gastgeber*innen, dass ihr so tolle Räume zum Zusammen-Lernen eröffnet und gestaltet habt!

Schon auf dem letzten Hybrid war die Souveränität im Hosting von Online-Sessions erkennbar, die wir mittlerweile erlangt haben. Auf dem jetzigen HH traten die digitalen Tools angenehm in den Hintergrund, denn Online-Kollaboration ist mittlerweile einfach normal geworden.

„Partizipation durch Interaktion“ von Katja Bett

Um kurz nach 11 Uhr gings los mit den ersten Sessions. Ich entschied mich für Katjas Session, weil ich überzeugt bin, dass echte Partizipation in Lernangeboten viel zu selten mitgedacht und ausprobiert wird. Darüber hinaus bin ich auch einfach genervt von Klick-Ködern, die in E-Learning-Angeboten oft fälschlicherweise „Interaktion“ genannt werden, aber eigentlich nichts weiter sind als (im besten Falle …) Informationsebenen, die durch Anklicken erschlossen werden, oder simple Multiple Choice Fragen.

Deshalb gefiel mir auch die Einstiegsübung über den Chat sehr gut, in der Katja uns aufforderte, mitzuteilen, was Interaktion für uns sei:

Beim Durchlesen war bereits klar, dass wir unser Selbstverständnis „interaktiver Lernangebote“ klar in Frage stellen müssten. Anklicken und Umdrehen von Bildschirmelementen oder Multiple Choice Fragen mit direktem Feedback in Web Based Trainings ist eben nur ein Ankratzen von dem, was echte Interaktion eigentlich leisten kann.

Nach einem kurzen Überblick über die Bedingungen für selbstbestimmt motiviertes Lernen (in Anlehnung an die Selbstbestimmungstheorie von Deci & Ryan, ergänzt durch … Prenzel?) wurden wir per (überhaupt nicht Autonomie-förderndem …) Zufallsgenerator in drei Gruppen aufgeteilt.

Gruppe 1 diskutierte die praktische Ausgestaltung der obigen sechs Bedingungen in Live-Online-Veranstaltungen (Webinare etc.).
Gruppe 2 widmete sich Web Based Trainings, Microlearnings etc.
Gruppe 3 konzentrierte sich auf Formen von Online-Gruppenarbeit in Learning Communities, WOL, WebQuest etc.

Ich selbst wurde Gruppe 1 zugeordnet. Wir diskutierten z. B. über (nicht vorhandene) Autonomie und Relevanz-Erfahrung, wenn Lernende – wie gerade zuvor selbst erlebt – ohne Wahlrecht in einen Breakout-Room ‚geworfen‘ werden, über eine spontane und partizipative Agenda-Gestaltung durch die Lernenden selbst (z. B. wie bei „Lean Coffee“ oder Nadja Petranovskajas „No Agenda“ Trainings, die sie in einer späteren Session selbst vorstellte), über das Gesetz der zwei Füße in Barcamps (die Session verlassen, wenn ich merke, dass sie nicht relevant für mich ist und ich nichts relevantes beisteuern kann oder mag), die Wichtigkeit vom Vereinbaren entsprechender Regeln und Kommunikationsmodi im Vorfeld und über den Spagat, die Erwartungshaltung mancher Lernenden nach „Druckbetankung“ vs. anderer Lernenden nach Partizipation zu verbinden (z. B. durch eine mitgebrachte Themenfülle in Form von Inhalten, aus denen die Lernenden dann zumindest das nächste Thema oder die Zusammensetzung des Themenpools selbst diskutieren und auswählen können – z. B. über die nonlineare Navigation mittels Abschnitts-Zoom in Powerpoint).

Nach den Gruppendiskussionen kamen wir erneut zusammen und tauschten die umfangreichen Gruppenergebnisse aus. Ich kann und möchte hier nicht sämtliche Ergebnisse festhalten – aber wenn Du Dich tiefer einlesen möchtest, empfehle ich Dir Katjas Foliensatz, in dem auch eine Zusammenfassung der Diskussionsergebnisse enthalten ist.

Besonders resoniert hat in mir noch die Frage aus Gruppe 2, dass sich soziale Eingebundenheit in digitalen Lernangeboten erhöhen lässt, wenn sich die Lernenden gegenseitig Feedback geben und auch auf den Ergebnissen der Peers aufbauen und weiterarbeiten können. In der Praxis nutzen wir die Möglichkeiten, individuelle digitale Lerninhalte in Social Learning Settings zu integrieren, einfach noch viel zu selten. Und sei es ein einfaches Forum oder sogar Etherpad, dass per iFrame in ein WBT eingebunden wird. Es gibt so viele Möglichkeiten, ein klein wenig mehr Partizipation zu ermöglichen …

„Gestaltung von Lernzeiten – Modelle der Zukunft“ von Pivi Scamperle

Nach einer kurzen Pause klickte ich mich um 12 Uhr in Pivis Session zum Thema „Lernzeiten“ … einem Thema, dem ich auch im Gespräch mit Kund*innen in letzter Zeit ganz besonders oft begegne und das oft der Quadratur des Kreises ähnelt: Wie fördern wir einerseits, dass Lernen und Arbeiten mehr eine Einheit werden und wie unterstützen wir informelles Lernen, aber wie schaffen wir andererseits ein formales Regelwerk dafür? Das geht selten gut … und ähnlich ernüchternd klang für mich auch der Grundtenor der Untersuchungsergebnisse, die Pivi uns zunächst vorstellte.

Wir starteten mit einem kurzen Einblick in die Ergebnisse der HAYS-Studie „Lebenslanges Lernens“ zum Thema Lernzeit. Stark verkürzt: Verantwortlich seien zwar die Mitarbeitenden selbst, aber über Budgets entscheiden Geschäftsleitung und Führungsverantwortliche … und generell ist oft nicht klar, was „Lernzeit“ überhaupt bedeutet. Eine eigenverantwortliche Entscheidung über Lernzeit oder -budget scheint weiterhin kaum verbreitet. Mir kam auch die Partizipations-Debatte aus der vorherigen Session wieder in den Sinn. Wenn wir weiterhin in Jahres- und Zielvereinbarungs-Gesprächen formale Weiterbildungen besprechen und zuweisen, wird das nichts mit initiativ, autonom, im kollegialen Austausch, arbeitsnah sowie bedarfs- und bedürfnisgerecht gelebter Lernkultur.

Wir diskutierten die Ergebnisse und widmeten uns anschließend in Kleingruppen weiter der Frage „Was würdest Du tun, um eine Lernzeit im Unternehmen einzuführen?“
Erst jetzt – ein bisschen spät – fällt mir auf, dass ich gerne noch den Begriff von „Lernzeit“ selbst diskutieren würde, da ich zwar die gute Intention von dedizierter „Lernzeit“ erkenne, aber die über den Begriff erfolgte Trennung von „Arbeitszeit“ in der Bedeutung von „Produktivzeit“ und „Lernzeit“ natürlich längst nicht mehr treffend ist und eigentlich auch nie treffend war. Ich frage mich, ob wir statt Lernzeit nicht vielleicht (ergänzend …?) von etwas wie ….. „Zeit zum Nachdenken, Entdecken, Austauschen …“ sprechen sollten? So eine ‚unscharfe‘ und flexible Zeit ist viel erklärungsbedürftiger und nicht so leicht vermittelbar wie eng um- und abgrenzende „Lernzeit“ … entspräche modernen Lernbedarfen abseits des Ganztages-Seminars aber viel besser.

Mehrere Teilgebende haben in der Session die Artikel und früheren Sessions von Harald Schirmer erwähnt. An seine eindrückliche Session auf dem kann ich mich ebenfalls gut erinnern:

„Future Skills – kollaborativ ans Ziel“ von Dora Hormes und Sabine Schirlitz

Nach der Mittagspause widmete ich mich der Future Skills Session von Dora und Sabine. Zunächst orientierten wir uns in der Vielzahl von Kompetenzbegriffen und Feldern (viel mit Bezug auf die Kompetenzfelder des Münchner Kreis) und ich stellte für mich selbst fest, dass mich Kompetenzbeschreibungen umso mehr reizen, je mehr ‚meta‘ sie werden …

Im zweiten Teil der Session stellten Sabine und Dora ihren Future Skills Canvas vor. Ich bin ja, im Bewusstsein und unter Berücksichtigung aller teilweise übersimplifizierender Nachteile, großer Fan von Canvas-Dokumenten als Instrument zur Strukturierung von Gesprächen und Workshops und zum Sammeln eines gemeinsam abgestimmten Überblicks über ein Themenfeld.

Alle Canvas-Dokumente, mit denen ich bisher gearbeitet habe, funktionieren besonders gut in der gemeinsamen Befüllung durch mehrere Menschen. Ich vermute, dass auch das Future Skills Canvas hier als Gesprächsanlass möglicher Team-Entwicklungen einsetzbar sein könnte.

„Durch Experimente lernen – wie lässt sich das verankern?“ von Dörte Schröder

In dieser für mich sehr wertvollen Session haben wir so lebhaft diskutiert, dass ich gar nicht zum Twittern gekommen bin … 😉

Zum Weiterdenken mitgenommen habe ich mir insbesondere zwei Themen aus der Diskussion:

Erstens: „Mob Programming“ als Chance, um im Team (im „Mob“ …) besseren und nachhaltigeren (weil von allen verstandenen und akzeptierten) Code zu erzeugen und gleichzeitig miteinander und voneinander zu lernen / die Fertigkeiten des gesamten Teams weiter zu entwickeln. Lernen durchs Tun, aber auch durch das sich Aneinander-reiben, durch die menschliche Interaktion, die aus der Diskussion und vielleicht auch Verteidigung unterschiedlicher Lösungswege entsteht … und so viel mehr.
Ich kannte bisher nicht viel mehr als den Begriff, habe aber Lust, mich mit den didaktischen Chancen dieser „Gruppenarbeit 2.0“ näher zu beschäftigen.´

Zweitens: Exploration und Konstruktion in Softwareschulungen. Viele (nicht alle!) Applikationen sind heutzutage so selbsterklärend, dass die Schulung von Einzelfunktionen oder Klickwegen nicht mehr sinnvoll ist. Lernende sind nicht mehr bereit, sich stundenlang durch nicht arbeitsnahe Übungsszenarien zu arbeiten oder Videoerklärungen zu Benutzeroberflächen zu konsumieren, von denen 90% vertraut erscheinen und nur einige wenige Funktionen ausprobiert werden wollen. Wie ermöglichen wir stattdessen, dass die Lernenden sich die Applikation möglichst autonom, durch Neugier getrieben und forschend aneignen und nur in kritischen Phasen oder generell beim Wunsch nach Unterstützung durch digitale Angebote unterstützt werden? Durch Performance-Support-Systeme, die dezent im Hintergrund bereitstehen, aber nur dann mit der geringstmöglichen Hilfe unterstützen, wenn die*der Lernende nach ihr verlangt oder die Orientierung verliert? Die auch nicht nerven, falls die*der Lernende bewusst einen anderen Weg einschlagen möchte, um zu sehen was passiert? Die aber laut werden, wenn die*der Lernende in eine kritische Situation läuft (format c:)? Wie ein dezenter digitaler Mentor. Oder ein auf stumm geschaltetes Auto-Navigationssystem, das mit stoischer Ruhe immer neue Routenvorschläge zum Ziel berechnet, selbst wenn der*die Fahrer*in zum wiederholten Male aus Sightseeing-Lust eine andere Abzweigung genommen hat?
Und wie können wir die Entdeckerfreude in der Gruppe vermitteln und zu einer sozialen Aktivität werden lassen? Wie fördern wir, dass der für ein Team sinnvollste Umgang mit der Software gemeinschaftlich gefunden und akzeptiert wird? Beispielsweise bei der Einführung von MS Teams oder anderen Kollaborationstools kenne ich da taugliche Konzepte, in der eine Gruppe von Anwender*innen die verschiedenen Möglichkeiten des Tools nicht nur selbst entdeckt und sich darüber austauscht oder sich gegenseitig einweist, sondern gleichzeitig auch noch verhandelt, welche selbstverhandelten Regeln der Zusammenarbeit sie in der Nutzung befolgen möchten.

„Lernen durch Schreiben“

Die letzte Session des Tages, an der ich teilgegeben hatte, war meine eigene. Den Bericht dazu findest Du im letzten Beitrag.

Abendevent in gather.town (toll organisiert von Melanie Straub, Sandra Uhlemann, Marlies Mittler, Kilian M. Schmelmer und Alfred Zedelmaier

Hier habe ich die organisierten Events verpasst und bin stattdessen gleich am Strand bei feinen Gesprächen hängengeblieben.
Tatsächlich waren die Schnitzeljagd, Disco und die weiteren Events, die das Orga-Team in einer festivalähnlichen Location aufgebaut hatten, schon am Abklingen, als ich nach der Abendzeit mit meiner Familie zu später Stunde am digitalen Strand strandete, dort aber gleich von tollen Menschen auf schöne Gespräche über Berlin-Geschichte, Corona-Spaziergänge oder Asien-Liebe empfangen wurde. Hach! Schön wars!

#100DaysToOffload: Wenn Du wissen willst, warum ich diesen seltsamen Hashtag so oft verwende, lies Dir gerne die Erläuterungen zur Challenge auf https://100daystooffload.com/ durch. Vielleicht hast Du auch Lust, mitzumachen?

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