März 22, 2021

Das ist Beitrag 25/100 der -Challenge. Mein Ziel ist, hier mindestens 100 Beiträge im Jahr 2021 zu schreiben. So möchte ich für mich das Bloggen zur Gewohnheit machen.

Welches Tool nutze ich, um Podcast-Aufnahmen zu erstellen und zu schneiden? Diese Frage stellte ich mir vorgestern, als ich mein Audiointerface installierte, Mikrofone testete und überlegte, wie ich am schnellsten und besten vom Planen ins Tun komme.

Vielleicht habe ich die Antwort schon gefunden. Vom Open Source Projekt Ultraschall hatte ich auf Twitter immer mal wieder gelesen, ohne mich damit näher beschäftigt zu haben. Ich erwartete, mit den bekannten, kommerziellen Audiobearbeitungsprogrammen einen leichteren Einstieg zu finden. Aber ich glaube, ich habe die Podcasting-Szene bisher völlig unterschätzt. Oder … einfach nicht gesehen.

Vorgestern Abend wurde das neue Release Ultraschall 5 veröffentlicht … und weil ich Lust hatte, als Podcast-Anfänger mit ein paar erfahrenen Menschen zu sprechen, klickte ich mich in die ‚Release-Party‘ auf der Plattform WorkAdventure:

Zunächst fand ich den Weg nicht und irrte durch den riesigen Podcast-Themenpark, den … ja, wer eigentlich … offenkundig Menschen mit großer Liebe für Podcasts aufgebaut hatten. Ich war fasziniert von dieser Welt, in der ich durch Podcast-Bibliotheken, Ausstellungen, Galerien etc. wanderte und wahrscheinlich die ganze nächste Woche damit zubringen kann, die vielen dort ausgestellten Podcast-Kunstwerke zu finden. Beim Stöbern fühlte ich, dass Podcasting für die Erbauer*innen dieser Hallen viel mehr ist als einfach ein Alternativmedium zur Informationsübermittlung.

Immer, wenn ich eine neue ‚Szene‘ entdecke und hineinschnuppern darf, werde ich ein bisschen aufgeregt. So geht es mir gerade wieder. Schon nach eins/zwei Stunden des Herumklickens in WorkAdventure, der Sendegate Podcasting Community und den Ultraschall-Tutorial-Videos merke ich, dass hier Menschen mit unerschöpflicher Leidenschaft und Idealismus am Werk sind. Und so etwas ist mir mehr als nur sympathisch.

Aber: Ich wollte ja eigentlich zur Release-Party. Die fand ich dann nach langem Suchen auch. Es saßen Menschen (vornehmlich Männer mit stattlichen Mikrofonen vor dem Gesicht schwebend) an einem virtuellen Besprechungstisch und lauschten der Vorstellung der Release-Neuerungen. Das war natürlich ein anderes Level als das, was mir als Einsteiger geholfen hätte … und ich hatte das Gefühl, dass es noch längere Zeit so weitergeht. Deshalb verließ ich den Vortrag bald wieder, wanderte noch ein bisschen durch die virtuellen Podcast-Galerien und fuhr erst am nächsten Abend fort, mich weiter mit Ultraschall zu beschäftigen.

Ich installierte das Tool, klickte ein bisschen herum, merkte, dass es nicht ganz selbsterklärend ist und startete das auf der Webseite empfohlene 80minütige Tutorial-Video:

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Letztendlich wurde der Abend etwas länger, denn das Video machte mir große Lust, gleich selbst mit dem Ausprobieren und Herumspielen loszulegen. Vielleicht liegt es daran, dass es ein mitgeschnittener Vortrag auf dem (dem Chaos Communication Congress des Chaos Computer Club) ist. Ralf Stockmann und der nur aus dem Off zu hörende Udo Sauer führen in guter Stimmung durch die ersten Schritte, die ich gleich alle selbst nachvollziehen durfte. Obwohl mittlerweile einige Releasewechsel vollzogen wurden, hat sich die Oberfläche kaum verändert und das Video funktioniert auch für das aktuelle Release bestens.

Zu Beginn des Videos zeigt Ralf eine Matrix, auf der er die verschiedenen Tools nach Bedienbarkeit und Podcastfunktionalitäten einordnet:

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Quelle: Ralf Stockmann, https://sendegate.de/t/visualisierung-aufnahmesoftware-fuer-podcasts-im-vergleich/5387

Von Hindenburg Pro hatte ich noch nie gehört. (Eigentlich erwarte ich nach der Begeisterung, die ich gerade für Ultraschall empfinde, nicht mehr viel Steigerung, aber ich werde es mir in den kommenden Tagen dennoch noch einmal ansehen.) Mit Ableton Live hatte ich früher im Studium selbst einige Versuche unternommen, wäre aber nie auf die Idee gekommen, damit Podcasts erstellen. Im weiteren Verlauf des Videos sind mir einige Dinge klar geworden, die ich vorher noch nicht verstanden hatte … dass Podcasting viel mehr mit „Live“ zu tun haben kann, als ich bisher vermutet hatte. Aber diese Grafik hat mich aus anderen Gründen sehr neugierig gemacht: Warum sind all die Tools, über die ich bisher konkreter nachgedacht hatte, auf der Podcast-Funktionen-Achse ganz unten angeordnet? Was fehlt bei Audacity, Logic Pro und Garageband … den Tools, die ich kenne und die ich wahrscheinlich ganz unbedarft für meine Produktionen in die Auswahl genommen hätte, wäre mir nicht Ultraschall und dieses Video untergekommen?

Im Video lernte ich, dass eine Podcast-Produktion nicht viel dem Radiofeatures vorproduzieren oder Videoton schneiden zu tun haben muss, was ich früher öfter tat.

Podcasting unter Live-Bedingungen

Eine ganz besonders wichtige Erkenntnis für mich war, wie viel bei einer Podcast-Aufnahme ‚live‘ passieren kann. Ich hätte es eigentlich ahnen können, da viele meiner Lieblingspodcasts es schaffen, das Gefühl eines intimen, ungefilterten Live-Gesprächs zu transportieren und dadurch Nahbarkeit und Lebendigkeit vermitteln … mit allen Meta-Informationen, die nur durch eine weitestgehend vollständige, sehr behutsam bearbeitete Sprachaufnahme erhalten bleiben. (Dem Gesprächspartner „beim Denken zuhören“ … das ist eine Formulierung, die Podcast-Pionier Tim Pritlove einmal in einer Podcast-Episode von Karlheinz Pape äußerte und die mir seitdem nicht aus dem Kopf geht …).

Ralf und Udo zeigen in dem Ultraschall-Vorstellungsvideo mehrere Funktionen, die uns in der Produktion eines Podcasts nahezu unter Live-Bedingungen unterstützen. Allen voran das Soundboard. Daran hatte ich zunächst überhaupt kein Interesse. Warum sollte ich mich dem Stress aussetzen, Soundeffekte, Musikbett, Jingle u. ä. in Echtzeit in das Gespräch einzuspielen, wenn ich es im Nachgang viel einfacher ergänzen könnte? Aber dann demonstrierten die Beiden mit so viel hörbarer Freude die Don’t und Do’s des „Ducking“, dass ich mir doch ein paar freie Soundbetts herunterlud und es nachmachte … und: wow! Das machte richtig Spaß und brachte selbst allein vorm Mikrofon Schwung in die Sache und Rhythmus in die Stimme, dass ich begann, kopfnickend Nonsens-Silben in das Soundbett zu murmeln. Vielleicht wird die Podcast-Recording-Session durch die bewusste Entscheidung, möglichst viel in Echtzeit zu produzieren, zur Aufführung, zum Jam, zum gemeinsam gestalteten Event mit eigenem Herzschlag. Es gilt, das auszuprobieren! Es scheint mir auf jeden Fall etwas ganz anderes als das Zusammenbauen, das artifizielle Komponieren von Beiträgen aus Einzelfragmenten. Nicht besser, nicht schlechter, aber eben ganz anders – und daran hatte ich bisher noch gar nicht gedacht.

Eine weitere faszinierende Live-Funktion ist die Anbindung an Podlive, einem mir vorher ebenfalls unbekannten Dienst. Hierhin können wir die Live-Produktion unserer Podcasts streamen und Live-Produktionen anderer Podcasts verfolgen. Was für eine faszinierende Idee! Das Potenzial, das darin u. a. für Online-Veranstaltungen und unternehmensinterne Podcasts steckt, möchte ich weiter durchdenken.

Irgendwie damit zusammenhängend ist Studio Link, das nicht nur für das Live-Streaming der Produktion an Podlive genutzt wird, sondern noch viel spannender für das Remote-Zuschalten von Gästen über eine VoIP-Verbindung. Wie im letzten Beitrag erwähnt durfte ich neulich als Gast über Zencastr sprechen, das auch ganz gut funktioniert hat – aber dieses direkt in Ultraschall integrierte Studio Link hat mich, obwohl es in der Bedienung etwas sperriger aussieht, deutlich mehr fasziniert, weil es sich letztlich nicht anders als ein regulärer Ton-Eingang anfühlt und es so im Workflow ganz egal zu werden scheint, ob mein*e Gesprächspartner*in mir gegenüber oder ganz woanders auf der Welt sitzt. Auch in den bereits erwähnten Live-Produktionen, denn ich kann sämtliche Soundboard-Zuspielungen etc. ebenfalls zu meinem Gast ausspielen und vermittle so echtes Radiofeeling … zumindest stelle ich es mir so vor und sieht es in Ralfs Video für mich so aus.

Mehr als nur ein Audiofile: Kapitelmarker und Coverbilder

Ein weiteres Set an Features, dessen Nutzung während der Aufnahme in Echtzeit mich fasziniert hat, war das sehr schnelle Setzen und Benennen von Markern. Sowohl Marker für das Markieren von zu editierenden Stellen (Husten etc.) als auch von Kapitelmarkern. Das geschieht alles, während die Aufnahme läuft! Ich stelle mir vor, dass auch dadurch mit etwas Übung und Disziplin die Nachbearbeitungszeit auf ein Minimum reduziert wird.

Außerdem wird es durch die Marker -Verwaltung in Ultraschall möglich, Podcasts mit hilfreichen Sprungmarken zu exportieren, die ich in so vielen Podcasts bisher noch vermisse. Ich finde, gerade bei langen Podcasts sind Sprungmarken essentiell. Wie schön, dass Ultraschall diese Funktion direkt integriert hat … gemeinsam mit weiteren Meta-Informationen, die in das Paket geschrieben werden und die Publikation auf den Plattformen wahrscheinlich leichter machen.

Übrigens ist auch das Video selbst ein löbliches Vorbild. Alle Lernvideos, auch und gerade auf Youtube, sollten so detailliert mit Sprungmarken versehen werden wie Ralf das gemacht hat: 50 Marken inkl. Bezeichnung hat er ergänzt, um auch im Nachgang sehr schnell zu einer gesuchten Stelle zurückzuspringen. Toll! Manchmal sind es die scheinbar kleinen Dinge, die ein Medienangebot richtig gut und brauchbar machen.

Was ich übrigens bei Podcasts weiterhin oft vermisse: Transkripte. Dazu habe ich im Video und bei Ultraschall selbst zwar noch nichts gefunden, aber so integriert und ambitioniert wie ich das Tool und die Community um es herum wahrnehme würde ich mich nicht wundern, wenn ich hier auch noch positive Überraschungen erleben könnte …

Elegantes, schnelles und nicht-destruktives Editieren

Ein weiteres zunächst seltsam erscheinendes Verhalten von Ultraschall, das ich durch das Tutorial-Video verstanden und schätzen gelernt habe, sind die Editierfunktionen. Die Logik des nicht-destruktiven Editierens war mir aus dem Videoschnitt schon vertraut, aber wie konsequent das in Ultraschall gedacht ist (z. B. wie schnell Störgeräusche wie Husten nicht herausgeschnitten, sondern ganz elegant durch zwei Klicks und einen Tastendruck gemutet werden) hat mich beeindruckt … wie noch mehrere andere Features (z. B. Vorhören von Schnitten, bevor sie ausgeführt werden), die verdeutlichen, wie sehr die Funktionen und die Bedienung von Ultraschall auf besonders schnelle Produktion von Sprachaufnahmen optimiert wurden.

Auch dass man durch Klicken und Verziehen nicht versehentlich zwei Tonspuren out-of-sync zieht, sondern stattdessen Passagen markiert, hat mich zunächst irritiert. Bisher hatte ich ja eher Kompositionen aus Einzelteilen zusammengebaut bzw. Soundeffekte unter Videobildern arrangiert. Aber in der Podcast-Logik ist dieses andere Verhalten absolut sinnvoll, denn warum sollte ich ein Gespräch, bei dem jede*r Gesprächspartner*in auf einer separaten Spur miteinander interagiert, zeitlich auseinanderziehen? Hier beziehen sich die Spuren ja direkt aufeinander und ein Verschieben einer Spur würde für Chaos sorgen.

Gut gefallen hat mir auch, wie einfach Ein- und Ausfaden und Crossfaden ist. Kein Hantieren mehr mit lästigen, manuell zu ergänzenden Effekten oder Überblendungen mehr. So einfach wie in Ultraschall habe ich das selten erlebt.

Du merkst schon: Ich habe Feuer gefangen und glaube, mit Ultraschall ein mächtiges und konsequent auf Podcasting optimiertes Tool gefunden zu haben. Dass es von einer sehr regen Community als Open Source entwickelt wird und auch die ganzen integrierten Lösungen wie Studio Link, Podlive etc. aus dieser Community kommen, macht es doppelt interessant und charmant.

Ich bin selbst gespannt, wie meine Reise weitergeht. Ich bin ja immer noch ganz am Anfang und … hey: Ich brauche jetzt erstmal ein Thema und idealerweise eine*n Gesprächspartner*in für eine erste Folge! Aber das wird sich alles fügen. Vielleicht fange ich damit an, ganz privat ein Buch vorzulesen und die Aufnahmen meiner Frau zu schicken, die gerade im Krankenhaus liegt. Das hatte ich bisher mit iPhone und der Sprachmemo-App gemacht. Warum zukünftig nicht etwas professioneller? 🙂

: Wenn Du wissen willst, warum ich diesen seltsamen Hashtag so oft verwende, lies Dir gerne die Erläuterungen zur Challenge auf https://100daystooffload.com/ durch. Vielleicht hast Du auch Lust, mitzumachen?

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