Juni 24, 2022

Zusammenfassung der Ergebnisse meiner Session auf dem

Da ich gerade wenige Tage vor dem Corporate Learning Camp #clc22 mit meinen Kolleg:innen der tts Learning Architects eine neue Learner Journey Vorlage erstellt hatte und immer wieder darüber stolpere, wie unterschiedlich der Begriff verwendet und welche vielfältigen Anforderungen an Learner Journeys gestellt werden, beschloss ich spontan, auf dem eine Session zu diesem Thema anzubieten.

Was ist eine Learner Journey? Definitionen der Teilgebenden

Zu Beginn der Session lud ich die Teilgebenden dazu ein, auf einem Etherpad zu erfassen, wie sie den Begriff definieren und welche Alternativbegriffe sie verwenden.

Folgende Definitionen trugen die Teilgebenden zusammen:

  • Pfad für die eigene Entwicklung von Kompetenzen, Wissen, etc.. Dient der Orientierung und dem Überblick über die geplanten und bereits erlangten Kompetenzen.
  • Lernweg jedes einzelnen Lernenden für seine individuelle und professionelle Entwicklung.
  • Lernreise im Sinne einer unterhaltsamen Lernerfahrung.
  • Lernpfad, der die Grundannahme visualisiert, dass Lernen ein Prozess ist und es unterschiedliche Etappen zum Lernziel gibt.
  • Lernweg inklusive möglicher Etappen bis hin zum Ziel. Erlaubt Flexibilität.
  • Erreichen von verschiedenen Etappenzielen.
  • Eine vordefinierte Reise mit verschiedenen Stationen/Meilensteinen, zu denen etwas gelernt/überprüft wird. Es gibt einen definierten Anfangspunkt und Ende und eine Art „Ausstattung“ (analog oder digital), mit der man die Reise antritt.
  • Eine klare Abfolge von Lernzielen, die den Lernenden durch den Lernprozess führen.
  • Der Weg des Lerners von seinem Lerninteresse bis zu seinem Lernerfolg.

Interessant fand ich, dass ein Teilgeber anmerkte, eine Learner Journey sei für ihn die konkrete Abbildung eines Angebots für die Lernenden auf einer Lernplattform. Für mich war diese Art der Aufbereitung für Lernende ein Lernpfad. Wichtig, Begriffe zu klären, bevor wir aneinander vorbeireden!

Sind Learner Journeys eine „Journey“?

Es scheint also sehr unterschiedliche Vorstellungen davon zu geben, was eine Learner Journey ist: Ein für die Lernenden konkret sicht- und nutzbares Angebot oder ein Werkzeug, um ein Lernangebot zu konzipieren.

Bei Stephan Grabmeier stieß ich außerdem auf „Learning Journeys“, die „Safaris“ zu Startups und Tech-Konzernen im Silicon Valley oder Berlin sind. Das sei ganz ausdrücklich nicht mit meinem Verständnis von „Learner Journeys“ vereinbar, war meine erste Reaktion (sicher auch gespeist aus einer gewissen Trotz-Haltung von mir, weil ich Probleme mit dieser Art von Tech-Startup-Bubble-Huldigung habe). Aber warum eigentlich nicht? Was macht Learner Journeys zu „Journeys“? Ist Lernen vielleicht gar KEINE Reise, weil es, anders als es viele vereinfachte Darstellung (auch meine) implizieren, kaum einen festen, für alle gleichen und sich Startpunkt gibt und erst recht kein Ziel, an dem die Reise zu Ende ist. Wir haben nie „ausgelernt“, weder übergreifend noch zu einem eng definierten, arbeitsrelevanten Thema. Wir gehen permanent direkt in die Anwendung, laden das Gelernte mit unseren Erfahrungen, unserem eigenen Sinn auf, teilen es mit anderen, tragen zur Ausgestaltung und Veränderung des Lernthemas bei. Wie bei einer guten, den eigenen Horizont erweiternden Reise kommen wir auch bei einer guten Learner Journey nie an einem Endpunkt an.

Außerdem klingt mir Niels Pflaeging und der Beta-Codex im Ohr, der die Reise-Metapher vehement ablehnt und dafür plädiert, Change und Lernen als ständiges Flippen zu sehen (mehr dazu z. B. hier).

Und ein Gespräch mit Susanne Neunes, die im Sinne von Effectuation dafür plädiert, sich nicht durch den fixierten Blick auf ein imaginiertes Reiseziel von den wertvollen Erkenntnissen ablenken zu lassen, die am Wegrand liegen und schon beim nächsten Schritt auftauchen können.

Ich finde, die hier nur angerissenen Ansätze lohnen sich, in einer weiteren Session vertieft zu werden. Ich denke weiter drüber nach …

Was sollte/könnte eine Learner Journey beinhalten?

Zurück zur -Session. Auf die Frage, was eine Learner Journey beinhalten sollte, trugen die Teilgebenden folgende Ideen auf dem Etherpad zusammen:

  • „Gepäck“ = Ausstattung, die für die Reise geeignet ist (also z.B. geeignete Lerninhalte/-formate, Methoden, Tools)
  • Motivation, die Reise anzutreten, die Etappen zu erkunden und das Ziel auch zu erreichen
  • Zielvorstellung
  • verschiedene Lernphasen
  • Lernerfahrungen
  • Stationen und Meilensteine
  • Ziele, Sinn und Zweck des Vorhabens
  • Checklisten
  • Möglichkeiten zur Überprüfung des Lernerfolg
  • Retrospektive
  • Ein System, das mich bei meinem Lerninteresse unterstützt
  • Anweisungen, Leitfaden, Ziele, Validation, Destination, Reflection

Mein Beispiel einer zeitlich umfassenden Learner Journey

Anschließend stellte ich die Learner Journey vor, die meine Kolleg:innen und ich erarbeitet haben und die ich in letzter Zeit oft eingesetzt habe. Dazu nutzte ich folgende, beispielhaft und vereinfacht ausgefüllte Learner Journey:

Sieh Dir das folgende Video an, um das Beispiel besser zu verstehen:

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In den nächsten Tagen werde ich hier noch einen Link ergänzen, unter dem Du Dir eine PDF-Druckvorlage für ein DIN A0 Poster dieser Learner Journey herunterladen kannst.

Was mir bei der vorgestellten Learner Journey wichtig ist

  • Sie basiert auf umfassenden Informationen, die wir im Vorfeld erarbeitet haben, u. a.
    • Validierte (!) Personas (inkl. Lernpräferenzen, -möglichkeiten, -vorbehalte)
    • Arbeitskontexte und Verständnis über die Arbeitsschritte, die mit dem Lernthema in Zusammenhang stehen
    • Verständnis über das Lernökosystem, in dem die Learner Journey realisiert wird (z. B. Lernpartner:innen, Infrastruktur etc.)
    • Welche strategischen Ziele der Organisation durch das Lernangebot unterstützt werden sollen
  • Sie umspannt einen möglichst langen Zeitraum, in dem eine konkrete Lernenden-Persona mit dem Lernthema zu tun hat: Vom ersten Kontakt über die initiale Lernphase und die tägliche Anwendung im Arbeitskontext bis viele Monate oder Jahre später, wenn die Persona Könner:innenschaft erlangt hat und selbst zur Etablierung, Verbreitung und Weiterentwicklung des Lernthemas oder Lernangebots beiträgt.
  • Sie nutzt einen didaktisch sinnvollen und ineinandergreifenden Mix verschiedener Lernformate, die u. a. aus den zu erreichenden Lernzielen und dem Kontext der Persona abgeleitet sind.
  • Sie verdeutlicht, welcher Wert für die Lernenden-Persona und die Organisation in den Einzelphasen geschaffen wird.
  • Sie ist aus Perspektive der Lernenden-Persona entwickelt, darf ergänzend aber Informationen enthalten, die uns Learning Professionals die Planung, Umsetzung und Argumentation der Learner Journey erleichtern.
  • Für unterschiedliche Personas kann es ganz unterschiedliche Learner Journeys geben.

Verbesserungsideen der Teilgebenden zur gezeigten Learner Journey

Ich habe mich sehr über das vorwiegend positive Feedback gefreut. Herzlichen Dank an alle, die Verbesserungsvorschläge geteilt haben, z. B.:

  • Da die Learner Journey einen sehr großen Zeitraum (ggf. Monate oder sogar Jahre) umfasst, wäre eine grobe Indikation zu den veranschlagten Zeiträumen der einzelnen Phasen hilfreich.
  • Welche Voraussetzungen bringen die Lernenden mit, um an unterschiedlichen Phasen einzusteigen? Eine Teilgeberin brachte das Bild von „Hubschrauberlandeplätzen“, das mir gut gefallen hat. Für ein anderes Projekt hatten wir, um verschiedene Einstiegspunkte, unterschiedliche Reiserouten oder auch Abkürzungen möglich zu machen, mit ‚Inseln‘ anstatt chronologischer Phasen und Schiffsrouten zwischen den Inseln gearbeitet.

Alternativen zur ‚chronologischen‘ Learner Journey

Manchmal begegnet mir das Problem, dass eine Learner Journey einen zu chronologischen, geradlinigen und ‚optimalen‘ Verlauf der Lernaktivitäten zu beschreiben scheint (siehe dazu auch den obigen Hinweis auf den Beta-Codex und Effectuation). Meine Kollegin Susanne Dube zeigte mir beeindruckende Learner Journeys, die sie aufgebaut hatte, in denen viele parallele, überlappende oder ineinander verschränkte Phasen abgebildet sind (dann allerdings zu Lasten der Einzeldetails zu jeder Phase, auf die ich besonderen Wert lege). Und manchmal soll ein locker aufeinander abgestimmtes Potpourri an verschiedenen Lernangeboten aufgebaut werden, aus dem sich die Lernenden nach Bedarf bedienen. Hier finde ich das Bild einer „Learning Map“ passender. Wie oben schon beschrieben haben wir hier mit ‚Seekarten‘ oder ‚Sternenkarten‘ experimentiert, auf denen die Lernenden ihre eigenen Reiserouten planen können.

Wie setzt Du Learner Journeys ein?
Ich freue mich auf Deine Ideen!

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