Oktober 22, 2023

Der Titel dieses Beitrags von Dirk Lindebaum auf dem Blog des Beratungshauses Times Higher Education hat mich neugierig gemacht: „Researchers embracing ChatGPT are like turkeys voting for Christmas“

https://www.timeshighereducation.com/blog/researchers-embracing-chatgpt-are-turkeys-voting-christmas

Ähnlich wie Gestalter:innen, von denen viele zumindest einen Teil ihrer Arbeit auch als Freude an der eigenen Kreativität und Schaffenskraft sehen, vermute ich auch für viele wissenschaftlich arbeitende Forscher:innen, dass für nicht nur ein Ergebnis und die Zahl der Paper auf der eigenen Veröffentlichungsliste zählt, sondern auch die Freude am Denken, Verstehen und Schreiben.

Auch ich ziehe mehr aus meiner Arbeit, als Geldverdienen. (Und oft sind die Tätigkeiten, die mir dabei Freude bereiten, gerade nicht die, für die ich primär bezahlt werde, sondern die, die aus rein wirtschaftlich-getriebener Perspektive auf ein Mindestmaß reduziert werden könnten …. z. B. die Auseinandersetzung und das Verstehen von Basalmaterial zu mir noch ganz fremden Themenfeldern … oder der Dialog mit Fachexpert:innen, die mir ihre Arbeit und Expertise verständlicher machen.) Das erwarte ich natürlich überhaupt nicht von allen Jobs und allen Arbeitnehmer:innen, aber ich sehe es als (manchmal auch selbstausbeuterisches) Glück an, dass es mir so geht.

Dirk Lindebaum beobachtet deshalb m. E. treffend drei potenziell schädliche Auswirkungen von ChatPGT auf solche Freuden des akademischen Arbeitens:

  1. „using the technology to compile literature reviews will impoverish our own analytical skills and theoretical imagination. When we write our own literature reviews, we read for understanding: we seek to know more than we did before through the power of our own minds. This involves a willingness to overcome the initial inequality of understanding that can exist between reader and author“ (u. a. aus diesem Grund schreibe ich meinen Blog: Um dadurch besser zu verstehen.)
  2. „The technology processes data through computation and formal rationality rather than through judgement and substantive rationality. Thus, when it is applied to theorising, it embodies an assumption that the world is based on abstract and formal procedures, rules and laws that are universally applicable. This is an outlook that Max Weber argued is detrimental to social life. (…) Morality is considered a universally applicable phenomenon that can be expressed through computation“ (Das wird oft als Hyper-Bürokratie von Technologie beschrieben)
  3. „it distorts the conditions for a fair and truly competitive marketplace for the best ideas.“ (bzw. drängt uns aus solidarischer Zusammenarbeit in Konkurrenz und das Verfolgen des unbefriedigenden ‚Gut genug‘ …. das aus einer rein wirtschaftlichen Logik sicher oft völlig ausreichend ist, aber wenig Freude bringt … der ‚Werksstolz‘ fehlt)
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