Das ist Beitrag 4/100 der #100DaysToOffload-Challenge. Mein Ziel ist, hier mindestens 100 Beiträge im Jahr 2021 zu schreiben. So möchte ich für mich das Bloggen zur Gewohnheit machen.
Ich glaube, ich habe die Blogging-Kultur mit den Jahren aus den Augen verloren und frage mich, was die Auslöser dafür gewesen sein könnten.

Dieser Tweet von Gabriel Rath hat mich daran erinnert: Ja! Früher waren private Weblogs meine Abendlektüre. Damals hatte ich noch keinen Feedreader und wanderte von Weblog zu Weblog. Betrat die Blog-Refugien von kid37, DocDee, Madame Modeste oder Mequito … und verlebte dort viele Abende. Ohne jemals irgend einen Kommentar hinterlassen oder mich anderweitig sichtbar gemacht zu haben.
Ich erinnere mich dunkel, dass mir diese Blogger*innen wie eine verschworene Gruppe schienen, deren Mitglieder*innen ihre Leben gewandt ästhetisch vertexten und sich scheinbar zufällig beiläufig immer wieder aufeinander beziehen. Wie in Episodenfilmen, deren Erzählstränge durch ein Auftauchen der Charaktere aus Nachbar-Episoden formal verspielt verknüpft werden.
Ich vertiefte mich in diese besondere Art, wie die Autor*innen auf Tagesereignisse, Begegnungen, Beobachtungen und Erinnerungen blicken, um sie in Texten, manchmal auch in Fotos, festzuhalten. Und ich glaube, sie hatten einen Einfluss darauf, wie ich damals schaute, fotografierte und schrieb.
Irgendwann begann ich, einen Feedreader zu nutzen. Zunächst den Google Reader. Dann wechselte ich zu Feedly. Dort legte ich Feeds für verschiedene Fachthemen an. „Design“. „Computer“. Architektur“. „e-learning“. Ein Feed für „Tagebücher“ oder „Privates“ fehlte, stelle ich erst jetzt fest. Ich glaube, mit dem RSS-Reader kehrte Nüchternheit in mein Blog-Leseverhalten ein. Die vereinheitlichte Darstellung sorgte für eine andere Art des Lesens. Vielleicht vergaß ich darüber die besondere Atmosphäre, die alleine der gestalterische Rahmen z. B. des hermetischen Cafés dem Lesevergnügen bereitet?
Spätestens als ich 2017 late to the party Twitter entdeckte trieb mir die Blogosphäre aus den Augen. Auf Twitter ist es so direkt, schnell und kommunikativ, den Leben der Menschen zu folgen. Auch fand ich jetzt eine Stimme und die Menschen antworteten.
Bei Gabriels Tweet „Kann es sein, dass alle nur noch posten?“ und den vielen darunter verlinkten Weblogs, die den Gegenbeweis antreten, dass es eine lebendige Blogger*innen-Szene zu den mir über Twitter vertrauten Fachthemen rund um Zukunft der Arbeit, Agilität, Digitalisierung etc. gibt, dachte ich an die privaten Blogs zurück. Sind die persönlichen Tagebuch-Streams zu Twitter, Facebook und Instagram abgewandert? Bloggen die Menschen, an deren Weblogleben ich teilhaben durfte, heute immer noch? Könnte ich jetzt, nach vielen Jahren, da weiterlesen, wo ich damals aufgehört hatte?
Gestern Abend habe ich nachgesehen. Fast alle waren noch da. „Pathos seit 6227 Tagen“. „6784 Tage lebendig.“ Manche waren umgezogen und texten jetzt hinter schicken eigenen Domains mit Cookie-Abfrage und Datenschutzerklärung. Andere sind antville, twoday oder blogger treu geblieben oder haben selbst das Lydia Lunch Zitat zur Begrüßung bewahrt:

Ich bestaune die Liebe, die sich diese Autor*innen zu ihren Weblogs erschreiben. Die Konsequenz, mit der sie ihr Leben in literarische Texte fassen.
„Ich mag an solchen Blogs, dass sie einem über die Jahre nichts vormachen können. Ein Blog, das Leute zehn Jahre haben, das ist genau wie die. Vielleicht abzüglich der beruflichen Existenz, aber selbst die taucht ja in irgendeiner Form immer wieder auf.“
Madame Modest in einem Gespräch mit Theresa Schmidt vom Open Mike Blog zum schönen Thema „Literatur im Netz II : Online alt werden“
Das lässt mich darauf vertrauen, dass die Weblogs uns begleiten, „bis das Internet zerbricht“, wie @IchlebeJetzt1 in Gabriels Diskussionsstrang voraussieht.
Und es weckt Zuversicht in mir, dass ich durch das Weiterverfolgen dieser #100DaysToOffload-Challenge eine eigene Weise finden werde, die Themen, die mir wichtig sind, zu beschreiben.
#100DaysToOffload: Wenn Du wissen willst, warum ich diesen seltsamen Hashtag so oft verwende, lies Dir gerne die Erläuterungen zur Challenge auf https://100daystooffload.com/ durch. Vielleicht hast Du auch Lust, mitzumachen?